Deutschland hat einen neuen Weltmeister – Henry triumphiert über die Welt-Elite und wird Motocross-Weltmeister der Kategorie 85ccm
Mit einem nicht erwarteten Triumph endete die FIM Junioren-Weltmeisterschaft 2010 im französischen Dardon Gueugnon. Der erst 13-jährige Henry Jacobi aus Bad Sulza in Thüringen triumphierte über die versammelte Welt-Elite und krönte sich hochverdient zum FIM Junioren-Weltmeister der Kategorie 85ccm. Mit diesem sensationellen Triumph trat der von der ADAC Stiftung Sport geförderte Jacobi aus dem DMSB KTM Kosak MX Junior Team als Nachfolger des Australiers Jay Wilson in die Fußstapfen des Mattstedters Ken Roczen, der den WM-Titel im Jahr 2007 gewinnen konnte. Damit ist Jacobi nach Paul Friedrichs und Ken Roczen erst der dritte deutsche Solo-Weltmeister im Motocross-Sport.
Auf der spektakulären Rennstrecke, die im gesamten Rundenverlauf mit steilen Auf- und Abfahrten sowie anspruchsvollen Sprungkombinationen Konzentration und Fahrkönnen der jungen Piloten forderte, stand bereits am Samstag die erste große Herausforderung auf dem Programm. Knapp hundert Piloten aus über zwanzig Nationen hatten sich für das Highlight der Junioren Motocross- Weltmeisterschaft der Klasse 85ccm eingeschrieben und nur die besten vierzig Fahrer kämpften am Sonntag um die WM-Krone. Auf der rund 1760m langen Hartboden-Rennstrecke gelang Henry der fünfte Rang in der Qualifikationsgruppe A und damit stand die Kosak-KTM nach Addition der beiden Qualifikationsgruppen auf dem neunten Startplatz. „Die Ausgangsposition ist nicht so schlecht. Die Rundenzeiten liegen sehr knapp beieinander und da kann im Rennen viel passieren. Wichtig ist ein guter Start und dann werde ich schnell sehen, was möglich ist. Jetzt studiere ich nochmals die Strecke und schaue mir das Last-Chance-Rennen an. Vielleicht hilft mir da der ein oder andere Eindruck“, zeigte sich Henry nach der Qualifikation entspannt.
Schon vor dem ersten Lauf sorgte er dann für die erste Überraschung des Tages. Reihten sich die schnellsten Piloten der Qualifikation ausnahmslos auf der linken Außenseite des Startgatters auf, so wählte der 13-Jährige die rechte Außenbahn. „Ich habe gestern beim Start des Last-Chance-Rennen zwei Piloten gesehen, die den Start von dieser Position aus gewonnen haben. Man kommt mit viel Tempo-Überschuss in die langgezogene Startkurve und profitiert im anschließenden Streckenteil davon.“ Eine wahre Meisterleistung, denn die angestrebte Taktik ging voll auf. Mit einem fulminanten Start katapultierte sich Henry mit der Kosak-KTM an die Spitze des Feldes. Mit enormem Einsatz hielt er das Tempo hoch und behaupte sensationell die Führung. Zur Rennmitte schloss dann Top-Favorit Tim Gajser aus Slowenien auf und setzte Henry unter Druck. Clever und souverän konterte er alle Angriffsversuche des Slowenen und nach einem Fahrfehler fiel dieser auf Rang vier zurück. So war der Weg frei, Henry ließ nichts mehr anbrennen und brachte den ersten WM-Laufsieg des DMSB KTM Kosak MX Junior Team sicher ins Ziel. „Gegen Tim wäre es bis ins Ziel sehr schwer geworden. Er hatte gute Spuren und war höllisch schnell unterwegs, aber das Problem hat sich ja von alleine erledigt. Es ist unglaublich, ich habe gerade meinen ersten WM-Lauf gewonnen und das kann mir keiner mehr nehmen“, freute sich Henry nach der Zieldurchfahrt.
Beim Start zum zweiten Lauf begannen dann die taktischen Spielchen der Gegner. Hatte man den Start von Henry im ersten Lauf sorgsam beobachtet, so wurde sein optimaler Startplatz in Lauf zwei gleich mal von der Konkurrenz belegt. „So ist das bei einer Weltmeisterschaft. Hier sind immer ein paar Augen mehr auf einen gerichtet, gerade wenn man den ersten Lauf gewinnt. Mir ist das aber egal, dann nehme ich halt eine andere Spur“, blieb Henry entspannt und präparierte einen anderen Startplatz für sich. Das Resultat konnte sich sehen lassen, denn Henry jagte nach dem Start an zweiter Stelle um den Kurs. Allerdings drängte die Konkurrenz enorm, im dichten Gerangel der Startrunde verlor er etwas an Boden und war nach Runde eins nur auf Rang acht platziert. „Das hat in der ersten Runde überhaupt nicht gepasst und ich habe großes Glück gehabt, dass ich nicht noch gestürzt bin. Die sind wie die Wilden zur Sache gegangen, als wenn das Rennen nur eine Runde gehen würde und so war ich erst mal nur Achter. Allerdings habe ich mir dann gedacht, wenn du Weltmeister werden willst dann solltest du jetzt was dafür tun.“ Dies gelang dann auch hervorragend. Henry markierte die absolut schnellste Rundenzeit des Rennens und arbeitete sich kontinuierlich bis auf den dritten Rang nach vorne. „Auf dem Weg zum dritten Platz hatte ich nochmals richtig Glück, denn vor mir stürzte ein Fahrer und ich konnte gerade noch ausweichen. Wie ich dann auf Rang drei lag, kam aus der Box das Signal: Nichts mehr riskieren, Rang drei reicht zum WM-Titel. Es war ein unglaublich intensives Gefühl zu spüren, gleich bist du Weltmeister.“ Mit diesem Gefühl fuhr Henry über die Ziellinie und der Jubel und die Freude wollten kein Ende nehmen.
„Ich kann das alles noch gar nicht so wirklich glauben. Das wird sicherlich erst in den nächsten Tagen Realität. Das Gefühl in den letzten Runden war so unglaublich und vor allem ganz anders wie jetzt, wo das Rennen vorbei ist. Wenn ich in die Historie der FIM Junioren-Weltmeisterschaft schaue und dort Namen sehe, wie Zach Osborne, Alessandro Lupino, Jeffrey Herlings oder mein Freund Ken Roczen. Die sind heute alle in der Motocross-WM erfolgreich am Start. Das ist alles noch wie ein Traum für mich mit diesen Namen in einer Reihe zu stehen. Der Saisonverlauf war bis hier her sehr enttäuschend für mich. Wenn ich gesund war, habe ich alle Rennen auf dem Podium beendet. Leider haben mir meine Verletzungen alle Chancen auf den DM-Sieg und einen Erfolg im ADAC MX Junior Cup genommen, aber das ist heute ein unglaublicher Ausgleich.“